die Klavierkabarettistin Sarah Hakenberg kommt am Samstag, 14. Oktober (ein Erlebnis !!) zu uns. Beginn 20.15 Uhr (beste Sendezeit), St.Georgshaus in Gottmadingen.
Nur Mut – gerade jetzt
Sarah Hakenberg kommt nach Gottmadingen
Sie schaut mal wieder in Gottmadingen vorbei, im Gepäck Ihr aktuelles Programm „Nur Mut“. Sie, das ist Sarah Hakenberg, in Köln geboren, in Bayern aufgewachsen, Strasbourg, Berlin und Köln als Zwischenstationen, mit einem Hauptwohnsitz am Tisch in der 2. Klasse im ICE letztendlich in Ostwestfalen gelandet. 2016 wurde sie mit dem Deutschen Kabarettpreis ausgezeichnet, genauer dem Nachwuchspreis, für den sie sich im Namen ihres Nachwuchses bedankt. Sarah Hakenberg, das ist die „brettharte Seelenfängerin“, die immer nett und freundlich und treuherzig lächelnde Künstlerin am Klavier, die wildromantisch klingende Lieder über Welpen, zersägte Männer und geklaute Babys singt. Dabei haut sie ihrem Publikum kleine gemeine Gassenhauer um die Ohren, die vor messerscharfem und diabolischem Witz nur so sprühen. Bitterböse Ironie, garantiert pädogogisch wertfrei und urkomisch.
Über das aktuelle Programm:
Oma war noch mutig. Wenn jemand behauptete, ein Lebensmittel sei krebserregend, schob sie es in den Mund und antwortete: „Auch der Tod will seine Ursache haben“. Warum sind wir heute nur so ängstlich? Kinder stehen unter ständiger Beobachtung ihrer Eltern, Jugendliche trauen sich nicht mehr die Schule zu schwänzen, Erwachsene bringen ihr erspartes Geld zur Bank, und viel zu wenige Menschen riskieren – außer bei Facebook – ihren Mund aufzumachen. Nicht mal beim Zahnarzt. Was würde wohl passieren, wenn sich ein Fußballstar als schwul outen würde? Oder wenn wir jeden Menschen, der uns auf den Keks geht, einfach ermorden würden? In Gedanken, versteht sich! Das neue Programm von Sarah Hakenberg macht Lust mal wieder etwas zu wagen!
Viel Spaß bei einem Abend voll intelligenter Unverschämtheit, fröhlichem Charme und
unwiderstehlicher Dreistigkeit! Das Ganze wird am Samstag, 14. Oktober ab 20.15 Uhr (beste Sendezeit) im St.Georgshaus vom FöKuHei eiskalt serviert. Die Saaltüren öffnen sich um halb 8, Karten (aber keine Plätze) können reserviert werden über www.foekuhei-gottmadingen.de oder bei bgassner.architekt@web.de Wir freuen uns auf Sie.
Sie tut nur Nett – 17.01.2016 WELT – Christian Böhm Zum Artikel
Aufrecht sitzt sie am Flügel. Mit durchgedrücktem Rücken. So wie es strenge Klavierlehrer gerne sehen. Sarah Hakenberg legt den Kopf leicht schief, blickt ins Publikum und lächelt – mit dem Mund, mit den Augen, irgendwie mit dem ganzen Gesicht. Das rote Kleidchen spannt schon am Bauch, worüber noch zu reden sein wird. Dann greift die zierliche 37-Jährige in die Tasten, fängt an zu singen. Und das Auditorium lacht. Etwa über Strophen wie diese: „Wer stimuliert sich heute noch mit Speed und Kokain? Für Kinder und Erwachsene gibt es jetzt doch Ritalin.“
„Struwwelpeter reloaded“ heißt Hakenbergs aktuelles, mittlerweile drittes Solo-Programm. Vergangene Woche hat die gebürtige Kölnerin dafür bei der Verleihung des Deutschen Kabarettpreises in Nürnberg den Förderpreis eingeheimst. Die 4000 Euro gehen größtenteils an die Welthungerhilfe. Sarah Hakenberg gibt gern. Sie sei überhaupt nicht materialistisch veranlagt, sagt sie. Lieber fährt sie Polo statt Porsche. Bald mit Kindersitz. Denn trotz der intensiven Beschäftigung mit dem „Struwwelpeter“ ist die Kabarettistin in freudiger Erwartung. Anfang April wird ihr erstes Kind, ein Junge, zur Welt kommen.
Bei genauem Betrachten des Bilderbuchs des Arztes Heinrich Hoffmann aus dem vorvorigen Jahrhundert kann nicht nur Kindern, sondern auch Eltern angst und bange werden. Da gibt es neben der Titelfigur den bitterbösen Friedrich, der Tiere quält und mit einem Biss ins Bein von einem Hund dafür bestraft wird. Oder den Daumenlutscher, dem ein Schneider beide Daumen mit der Schere abtrennt. Oder den Suppenkasper, der vor dem vollen Teller langsam verhungert. „Ich war ein mutiges Kind“, erklärt Sarah Hakenberg entschieden. Mit diesen Geschichten habe sie sich nie identifiziert, jedoch sehr wohl gegruselt. Hinzu kommt: Die im „Struwwelpeter“ verhandelten Themen seien noch heute relevant.
Konsequenterweise holt sie die in Zorneding aufgewachsene Kabarettistin ins Jetzt. Bei Hakenberg, die nach eigener Aussage als eineinhalbjähriges Mädchen von den Eltern nach Bayern verschleppt wurde, wird Paulinchen, die anno dazumal mit Streichhölzern hantierte, durch Benni, den Bombenbauer ersetzt. Die Geschichte der schwarzen Buben spielt auf dem Kinderfest der NPD. Der Zappelphilipp wird zur Ritalin-Aline. Hans Guck-in-die-Luft heißt heute Mandy und schaut nur noch aufs Handy. Und der Suppenkasper wirdzum drallen Kalle, der nach zu vielen Happy Meals auf dem Fast-Food-Lokal-Spielplatz in der Röhrenrutsche stecken bleibt. Verpackt sind diese pädagogisch wertfreien Geschichten in Liedern, Gassenhauern, Moritaten und Balladen. Tiefschwarzer Humor, vorgetragen mit einem Lächeln.
Die Kabarettpreis-Jury bescheinigte Hakenberg einen wunderbaren Kontrast zwischen ihrem Charme und ihrem bitterbösen Humor. Raffiniert täusche die 37-Jährige Nettigkeit an, „um dann, wenn sich der Zuschauer wohnlich eingerichtet hat, umso boshafter verbal zuzuschlagen“. Das lese sie oft, sagt die so Gelobte. „Mittlerweile hinterfrage ich das.“ Nach kurzer Pause legt Hakenberg mit scherzhaftem Unterton nach. „Gut, das mit dem Charme stimmt.“ Das hänge einfach mit ihrer Menschenfreundlichkeit zusammen. Bitterböse sei sie aber nicht. Darauf bestehe sie. Bei ihr sei, wenn überhaupt, Boshaftigkeit gepaart mit Humor.
Bei manch einem allzu strammen politischen Kabarettisten vergeht ihr deshalb das Lachen. Zu viel Moralin, zu viel Weltverbesserungsgerede. „Das politische Kabarett nähert sich immer mehr der Politik – und umgekehrt.“ Lobend erwähnt sie in dem Zusammenhang ausdrücklich den Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD), dessen humorig-bissiger Auftritt beim Deutschen Kabarettpreis in der Tafelhalle jedem Kabarettisten zur Ehre gereicht hätte.
Der ihr zugesprochene Förderpreis ist eine Auszeichnung für die Vergangenheit und ein Versprechen für die Zukunft. Ob Sarah Hakenberg nun voll durchstartet und eines Tages in der Kabarett-Champions-League mitspielen darf, in der sich die Grubers und Grünwalds die Bälle in die Hand drücken, daran mag sie noch nicht recht glauben. „Man muss schon wirklich tapfer sein und langen Atem haben, es sei denn, man wird vom Fernsehen gehypt“, analysiert Hakenberg ihre beruflichen Erfolgsaussichten. „Klavierkabarett ist für Fernsehredakteure das Schlimmste.“
Es ist nur allzu offensichtlich: Kabarettisten und Komiker mit viel Sendezeit füllen auch die größten Hallen, im Fall von Mario Barth sogar das Berliner Olympiastadion. Beklagen möchte sichSarah Hakenberg darüber nicht. Sie verdiene genug, außerdem liebe sie das, was sie tue. Dennoch appelliert sie an potenzielle Zuschauer, wieder mutiger zu werden, sich auch Künstler live auf der Bühne anzusehen, die nicht im Fernsehen omnipräsent sind.
Wie die meisten Kabarettisten, die sich schon einen Namen gemacht haben oder gerade dabei sind, hat auch sie die Ochsentour über die Dörfer mitgemacht. „Ich bin noch mittendrin“, ergänzt Hakenberg, die ihren Zweitwohnsitz am Tisch der zweiten Klasse im ICE angibt. Auftritte vor vier Zuschauern, dem Deutschlehrer als Ton-Techniker und Übernachtungen in echten Absteigen inklusive. „Und das bei meinen vielen Allergien!“ Mittlerweile aber kennen und schätzen viele Veranstalter Sarah Hakenberg. Und mit dem Erfolg kommt auch die Bequemlichkeit. Mindestens drei Sterne sollten ihre Hotels nun bitteschön vorweisen können.
Rückschläge in ihrer Kabarett-Laufbahn musste die 37-Jährige nicht wegstecken. Die Absagen kamen vorher, gleich nach dem Abitur am Münchner Pestalozzi-Gymnasium, wo Sarah Hakenberg ihr musikalisches Talent im Chor, Orchester und Leistungskurs Musik voll ausleben konnte. An jeder staatlichen Schauspielschule im deutschsprachigen Raum bewarb sie sich und spielt sich als Johanna von Orléans oder Penthesilea, nur starke Frauenfiguren kommen naturgemäß infrage, bestimmt kein langweiliges Gretchen, die Seele aus dem Leib. Sie reiste nach Rostock, Leipzig, Hamburg und noch weiter. Doch niemand will sie haben. Auch der große Klaus-Maria Brandauer verschmähte sie in Wien. Also studierte die Tochter musikalischer Eltern Theaterwissenschaft „als Trost“ in München und schrieb sich einfach ihre eigenen Texte, wenn sie schon die berühmten Bühnenverse nicht aufsagen durfte.
Noch während des Studiums nimmt sie an Poetry-Slams, die Mitte der Nullerjahre in Mode kommen, teil. Bei einem Auftritt im „Substanz“ in München spürt sie „das positive Gefühl zwischen mir und dem Publikum“. Und es reift die Erkenntnis: „Wenn ich mit eigenen Texten auftrete, dann klappt’s.“ Eine, die Hakenberg auf der Slam-Bühne geschlagen hat, gibt ihr den wegweisenden Tipp. „Mach das weiter, was du tust – aber nenn es Kabarett!“,rät ihr Martina Schwarzmann. Die Kollegin hatte damals schon eine große Fan-Base und zählt heute zu den erfolgreichsten Musik-Kabarettistinnen der Republik.
Das mit der Musik kam bei Sarah Hakenberg erst später dazu, genauer gesagt um das Jahr 2010. Sie hörte ihren bis heute hochverehrten Kollegen Sebastian Krämer und denkt: „Das sollte ich auch mal probieren!“ Und auch die Mama, die in Zorneding als Lehrerin arbeitet, sagte: Mach mal ein Lied. Seitdem gehören Klavier und Gesang zu ihrem Repertoire.
Nicht mehr zu ihrem Leben dagegen gehört, von Besuchen und Auftritten abgesehen, das Bayernland. 2015 zieht Sarah Hakenberg nach Ostwestfalen, in eine Kleinstadt zwischen Paderborn und Kassel. Ganz freiwillig übrigens, der Liebe wegen. In Altschwabing hat sie zwar immer gern gewohnt, aber München mit seinen überteuerten Mietpreisen vermisst sie nicht. „Zum ersten Mal bin ich nun an einem Ort, wo die Menschen so sprechen wie ich“, sagt Hakenberg in ihrem klaren, akzentfreien und trotzdem so sympathischen Hochdeutsch. „Und der Effenberg hat’s mir glatt nachgemacht“, fügt sie noch schnell an. Der Ex-Bayern-Profi und Szene-Münchner Stefan Effenberg trainiert seit Oktober den SC Paderborn. Mit überschaubarem Erfolg.
Und auch bei der Rückkehr nach Bayern wird Sarah Hakenberg den noch etwas berühmteren Kicker überholen. Während sich Effenberg am 1. April vor dem Münchner Amtsgericht wegen einer Promillefahrt nach der letzten Wiesn verantworten muss, ist die Kabarettistin schon am 12. März im Lustspielhaus zu sehen. Dann hat ihr neues Programm Premiere. Auf „Struwwelpeter reloaded“ folgt „Nur Mut!“. Darin fragt die 37-Jährige, warum wir alle denn so ängstlich sind. Jugendliche trauen sich nicht mehr die Schule zu schwänzen, Erwachsene machen Pauschalreisen und nur wenige riskieren, mal den Mund aufzumachen.
Hakenberg verweist auch auf die aktuelle Flüchtlingsdebatte, die zeige, wie ängstlich die satten Europäer seien. „Alle haben Angst, etwas abgeben zu müssen.“ Aber auch allzu sorgenvolle Eltern, die ihre Kinder helikoptergleich umkreisen, bekommen ihr Fett weg. „Seien wir mutiger“, ruft Sarah Hakenberg förmlich aus. Angst, dass ihr Kind etwas verfrüht just am Premierenabend zur Welt kommt, womöglich mitten auf der Bühne, hat die in Bayern sozialisierte Rheinländerin mit Wohnsitz Ostwestfalen jedenfalls nicht. „Das wäre doch mal eine Schlagzeile!“